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Henricus-Stift am Breul wurde Anfang 1994 eingeweiht und bezogen:30 Jahre Henricus-Stift: Blick zurück auf ein Südlohner Großprojekt

Vor 30 Jahren, Anfang 1994, war es in Südlohn Zeit für einen Superlativ: Nach zwei Jahren Bauzeit wurde das Henricus-Stift am Breul eingeweiht. „Eines der größten und teuersten Bauwerke dieses Jahrhunderts in Südlohn.“ Das schrieb damals Redakteur Bernd Schlusemann in der Münsterland Zeitung.
Eine Aufnahme aus der Bauphase, 1993.
Datum:
15. Feb. 2024
Von:
Christian Bödding

Was das 21. Jahrhundert der Gemeinde alles bringen wird, darüber lässt sich nur spekulieren. Fakt ist aber, dass das Seniorenheim in Trägerschaft des Caritasverbandes Ahaus-Vreden nach wie vor seinen festen Platz in Südlohn hat.

Schon 1987 gab es erste Überlegungen, das damalige Altenpflegeheim im Henricus-Krankenhaus von knapp über 70 Plätze auf 100 Plätze zu erweitern und zu sanieren. Das Land NRW monierte seinerzeit, dass die Zimmer im Altbau zu klein seien, dass Nasszellen fehlten und lange, ungemütliche Flure einen Krankenhaus-Charakter konservierten.
Das Kuratorium des Henricus-Krankenhauses sprach sich 1990 öffentlich gegen eine Sanierung und für einen Neubau hinter dem Henricus-Hospital aus. Eine Sanierung hätte bedeutet, dass man einen großen Teil des Altenpflegeheims hätte abreißen müssen. Auch das „hin- und herziehen von Bewohnern während der Bauarbeiten“ wollte man vermeiden. Geplanter Baubeginn: 1991. Doch es galt, bis dahin noch einige Voraussetzungen zu erfüllen. 

„Der Gemeinderat müsste uns erlauben, dass wir bis an den Cohausz-Park heranbauen“, sagte damals der Kuratoriumsvorsitzende Pfarrer Walter Winkelhues. Doch möglicherweise benötige ein Neubau noch mehr Platz. Gleichwohl sei der Park eine „glückliche Oase“, erklärte Winkelhues. „Wir sind die allerletzten, die auf eine Verkleinerung des Parks zielen würden.“ Eine weitere Voraussetzung zu Beginn der Planungen: Der Neubau müsse mit seinen Kosten innerhalb der förderungsfähigen Summe des Wohnungsbauministeriums liegen. Das bedeutete: bei geplant 100 Plätzen durfte der Neubau die Summe von 13,5 Millionen DM nicht überschreiten. „Wir sind optimistisch“, sagte Verwaltungsleiter Helmut Könning seinerzeit.

Im Januar 1991 tagte der Südlohner Bauausschuss. Auf der Tagesordnung war ein Thema mit Brisanz. Der Ahauser Architekt Wolfgang Winnersbach, der den Architektenwettbewerb für das Neubauvorhaben gewonnen hatte, stellte fünf Lösungsvarianten zur Verwirklichung des Projektes vor. Variante 1 zeigte, dass auf der zur Verfügung stehenden Fläche das Vorhaben aufgrund seiner Größe nicht genehmigungsfähig sei. Die Planvarianten 2 bis 4 nahmen mehr oder minder stark den gemeindlichen Park in Anspruch, beachteten die erhaltenswerten Bäume nicht, würden sich städtebaulich nicht einfügen oder seien verkehrstechnisch problematisch, erläuterte Winnersbach. 

Nach Ansicht aller Beteiligten komme darum Variante 5 den Interessen aller Beteiligten am nächsten, ergänzte Kreisbaudirektor Ulrich Spamer in der Sitzung: ein Eingriff in den Gemeindepark und eine Bebauung der Rasenfläche bis an die Straße Breul. Es folgte eine Informationsveranstaltung für die Südlohner Bürger im Haus der Vereine. „Schließlich ging es um eine Bebauung im Cohausz-Wäldchen“, erinnert sich Schwester Ansgara, heute 87 Jahre alt und damals Pflegedienstleiterin im Altenheim. „Dort war doch beim Schützenfest immer Vogelschießen“.

Südlohns Gemeindedirektor Karl-Heinz Schaffer sah sich in der folgenden Ratssitzung veranlasst, eine persönliche Erklärung abzugeben. Es ging um Vorwürfe aus Reihen des Gemeinderates, dass Schaffer und das Kuratorium die gesamte Entwicklung in die jetzt eingeschlagene (bauliche) Richtung gesteuert hätten. Der Gemeindedirektor widersprach: Man habe keineswegs geplant, den Gemeindepark zu bebauen. Vielmehr sei aus Gründen der Städteplanung die erste Idee – eine Grenzbegradigung – verworfen worden. Er lasse sich nicht zum Prellbock verschiedener Interessen machen, sagte Schaffer und wies zurück, dass er sich nicht genug für die Sache einsetze. Bei einer Enthaltung gab der Rat schließlich grünes Licht für die Bebauung der Rasenfläche im Gemeindepark. Kurz darauf begannen die Rodungsarbeiten. „Am schönsten Platz des Dorfes“, so zitierte die Heimatzeitung Pfarrer Winkelhues, tat der Kuratoriumsvorsitzende am 19. Dezember 1991 den symbolischen ersten Spatenstich. 

Kalkuliert wurde mit einer Bauzeit von zwei Jahren und Baukosten von nunmehr 15 Millionen DM. Für damalige Südlohner Verhältnisse ein Mammut-Projekt. Für den Rohbau zeichnete eine Unternehmergemeinschaft aus Südlohn und Oeding verantwortlich. Entstehen sollte ein Altenpflegeheim mit Platz für 102 Bewohner (62 Einzelzimmer und 20 Doppelzimmer) und sieben Ordensschwestern. Finanziert wurde der Neubau unter anderem mit Mitteln des Landes (5,4 Millionen DM), einem zehnprozentigen Anteil des Trägers, 300.000 DM von der Gemeinde, 100.000 DM vom Kreis und der Aufnahme eines Darlehens.

123 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählte damals das Altenpflegeheim, einschließlich Teilzeitarbeitskräften und Zivildienstleistenden. Wenn der Neubau stehe, werde man um 20 Arbeitsplätze aufstocken müssen, erklärte der stellvertretende Kuratoriumsvorsitzende Paul Schmitz aus Südlohn. Damit sei man in der Gemeinde der drittgrößte Arbeitgeber. Paul Schmitz war von 1966 bis 1985 CDU-Landtagsmitglied und zehn Jahre lang Vorsitzender im Ausschuss für Städte- und Wohnungsbau des Landes NRW. Er hatte großen Anteil an der Verwirklichung des Projektes. „Wenn wir ihn nicht gehabt hätten, würde es das Henricus-Stift in seiner heutigen Form wohl nicht geben“, blickt Otger Könning, heute Leiter des Sozialen Dienste im Henricus Stift, auf die Zeit vor 30 Jahren zurück.

Im Januar 1993 zogen die Nachbarn am Breul den Richtkranz für den Neubau auf. „Die Nachbarn haben uns immer tatkräftig unterstützt“, erwähnt Schwester Ansgara. „Sie haben später auch beim Umzug mitgeholfen“, ergänzt Otger Könning. Doch vorher hämmerte Pfarrer Winkelhues beim Richtfest mit 18 kräftigen Schlägen den letzten Nagel ins Gebälk des neuen Altenheimes. Verwaltungsleiter Helmut Könning erklärte, man liege mit den Bauarbeiten gut im Zeitplan. Allerdings wurde der Bau teurer als veranschlagt. In Zahlen ausgedrückt hieß das: Baukosten in Höhe von 16,725 Millionen DM und 1,23 Millionen DM an Kosten für die Inneneinrichtung. 

Zu den Gründen für die Verteuerung zählten unter anderem der Bau eines zusätzlichen Treppenhauses zu den Dachböden, der Ausbau eines Besprechungsraumes und eine größere Kapelle. Schwester Ansgara hatte als Pflegedienstleiterin Mitspracherecht bei der Gestaltung. „Ich war bei jeder Bausitzung dabei. Ich habe zum Beispiel darauf geachtet, dass die Türen so breit geplant wurden, dass auch ein Bett hindurchpasste.“ Auch der Wunsch nach einer größeren Kapelle wurde ihr erfüllt – der Einbau von drei- statt zweitürigen Schränken hingegen nicht. „Das saß nicht mehr im Budget.“ Auch ihr Hinweis, mehr Abstellräume zu planen, wurde nicht umgesetzt. „Das macht sich heute noch bemerkbar.“

Am 6. Januar 1994 wurde das „Henricus Stift“ offiziell eingeweiht. Südlohns damalige Bürgermeisterin Thea Robert fand die Platzierung in der Mitte des Dorfes genau richtig. „So können die Bewohner auch in der Mitte der Gemeinde leben.“ Der Umzug von der alten in die neue Einrichtung folgte am 17. Januar 1994. „Wir mussten erstmal die Wege finden“, spricht Schwester Ansgara für die damaligen Bewohner und Mitarbeitenden. „Natürlich dauerte es dann noch etwas, bis wir uns hier eingelebt hatten“, ergänzt Otger Könning. „Es war ja alles neu.“ 

30 Jahre Henricus Stift in Südlohn

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