Roma und Sinti: Vortrag von Elvira Ajvazi im Haus der Begegnung:„Diskriminierung in allen Lebensbereichen“
Die Gäste setzten sich zusammen aus Mitarbeitenden der Schulsozialarbeit an Gesamtschulen, des Kommunalen Integrationsmanagements des Kreises Borken, des Caritasverbandes Ahaus-Vreden, der Stadt Gronau, der DRK Integrationsagentur, des Jugendmigrationsdienstes, des KIM-Casemanagements und der Verwaltung der Familienbildungsstätte.
Zunächst klärte Elvira Ajvazi darüber auf, wer „die“ Roma sind, erläuterte den historischen Hintergrund der Sinti und Roma, stellte Unterschiede und Gemeinsamkeiten heraus und berichtete auch über die Verfolgung im Nationalsozialismus. Die Anerkennung des Völkermordes an Roma und Sinti erfolgte erst 1982, ihre Anerkennung als Minderheit wurde 1985 ausschließlich den Sinti zuerkannt. Das Mahnmal in Berlin, das 2012 errichtet wurde, sei durch Baupläne der Deutschen Bahn bedroht. Elvira Ajvazi kritisierte diese Entwicklung und kündigte eine Kundgebung an, um für den Erhalt des Mahnmals zu kämpfen.
Ein weiteres wichtiges Thema war die Zwangsmigration und die Herausforderungen, mit denen viele Roma konfrontiert sind, wenn sie versuchen, in einer neuen Gesellschaft Fuß zu fassen. Elvira Ajvazi beleuchtete die Resilienzstrategien in der Integration, die oft durch anhaltenden Antiziganismus erschwert werden. Viele Roma würden ihre eigene Identität verleugnen, um Diskriminierung zu entgehen, was zu generationsübergreifenden Identitätsproblemen führe. Sie sprach auch über die kulturelle Vielfalt der Roma und hob den Internationalen Tag der Roma-Sprache am 5. November hervor. Dabei stellte sie die Frage in den Raum, was „eigene Kultur“ eigentlich bedeute – sie selbst feiere sowohl das Oktoberfest im Dirndl als auch das Fest der Kulturen in traditioneller Roma-Kleidung.
Aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen der Roma-Gemeinschaft nahm sie ebenso in den Blick: Soziale Ausgrenzung, Bildungsbenachteiligung, Diskriminierung in allen Lebensbereichen, Wohnungsnot sowie fehlende politische Teilhabe und Repräsentation stellen nach wie vor erhebliche Probleme dar. Elvira Ajvazi betonte, dass viele der Herausforderungen, insbesondere die um zehn Jahre geringere Lebenserwartung und die höhere Kindersterblichkeit im Vergleich zu „Nicht-Roma“, in erster Linie auf Armut zurückzuführen seien. Dabei sei das Misstrauen gegenüber offiziellen Beratungsangeboten aufgrund von negativen Erfahrungen besonders ausgeprägt.
In ihrem Appell sprach sie sich für verstärkte Selbstorganisation und Unterstützung aus. Zudem wies sie auf die Dringlichkeit hin, antiziganistische Vorfälle der DINA NRW Dokumentations- und Informationsstelle zu melden. Trotz der Vermutung einer hohen Dunkelziffer wurden im vergangenen Jahr lediglich 80 Fälle gemeldet. Elvira Ajvazi schloss den Vortrag mit einer Einladung zu einer Veranstaltung am 14. November in Münster, bei der ein Film zur Studie „DiREKt-Roma: Diskriminierung und Resilienz“ gezeigt wird.