Caritasverband Ahaus-Vreden warnt vor Zerschlagung des Förderprogramms „Soziale Beratung von Geflüchteten“:„Land setzt bei der Integrationsarbeit die Axt an“
„Die Streichung auf Landesebene wird mit dem Verweis auf eine bundesgeförderte Asylverfahrensberatung gerechtfertigt“, erläutert Caritas-Vorstand Peter Schwack. „Doch die Mittel des Bundes reichen nicht aus, um den gesamten Bedarf abzudecken.“ Stattdessen sind durch die Kürzungen fast alle Einrichtungen betroffen – von geplant 75 Aufnahmeeinrichtungen werden 55 keine Asylverfahrensberatung mehr anbieten. Ebenso soll die Asylverfahrensberatung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (bisher 14 Stellen) eingestellt werden. Damit trifft es eine besonders schutzbedürftige Gruppe, die im Besonderen auf eine qualifizierte Beratung angewiesen ist. Diese Kürzungen werden zudem die regionale Flüchtlingsberatung zwingen, die Anfragen mit dem bestehenden, ohnehin schon ausgelasteten Personal aufzufangen.
Grundlegende Unterstützung
Ein Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW beschreibt die Bedeutung der Asylverfahrensberatung als essenziell für die Sicherheit und Perspektive von Geflüchteten. Die Beratungsstellen leisten grundlegende Unterstützung bei Fragen des Asylverfahrens, der Sozialleistungen und des Zugangs zum Arbeitsmarkt. „Die Menschen, die hier Schutz suchen, benötigen Klarheit und rechtliche Begleitung – und die Gesellschaft profitiert von einem reibungslosen Aufnahmeprozess“, betont Maria Revers.
Bei der Flüchtlingsberatung kürzt das Land – dafür fließen rund 300 Millionen Euro in den Ausbau von Landesunterkünften (Aufstockung von derzeit 57 auf 75) „und über 12 Millionen Euro werden für die Einführung einer umstrittenen Bezahlkarte für Asylsuchende bereitgestellt“, kritisiert Peter Schwack. Diese Priorisierung lässt laut Schwack das soziale Gleichgewicht ins Wanken geraten und trifft auf Unverständnis, auch bei den in der Flüchtlingshilfe engagierten Ehrenamtlichen, die mit den Auswirkungen der Beratungsnot konfrontiert sind.
Die Landesregierung begründet die Streichungen mit dem Verweis auf die bundesgeförderte Asylverfahrensberatung und mit nicht abgerufenen Mitteln im Landesprogramm. Allerdings stellt der Bund für NRW aktuell nur Mittel für etwa 20 Vollzeitstellen zur Verfügung. Dem stehen 34.000 Plätze in 57 Landeseinrichtungen gegenüber. Geplant sind für das Jahr 2025 etwa 40.000 Plätze in 75 Landesunterkünften. Peter Schwack: „Das macht pro 2000 Menschen dann eine Beraterstelle.“
Schlechte Förderbedingungen
Zu der Begründung der nicht abgerufenen Mittel erklärt der Caritas-Vorstand allgemein: „Die Träger der Beratung haben die Mittel des Landes nicht beantragt, weil sie bei den aktuellen Förderbedingungen bis zu 20.000 Euro pro Stelle als Eigenanteil zuzahlen müssten. Geld, das sie schlicht nicht haben.“ In den vergangenen Jahren seien bereits mehrere Träger aus dem Programm ausgestiegen. Insgesamt seien die Förderbedingungen – zum Beispiel eine nur jeweils auf ein Jahr befristete Förderung – so schlecht, dass sich kaum Mitarbeitende finden lassen. Peter Schwack: „Es gibt nicht viele Sozialarbeiter, die sich auf eine auf ein Jahr befristete Stelle bewerben.“
Der Caritas-Vorstand warnt vor den langfristigen Folgen, wenn Geflüchteten in der Erstaufnahme Beratung verwehrt wird: „Das fördert Frustration und Unsicherheit, was weder für die Antragstellenden noch für die Bevölkerung förderlich ist. Diese Entwicklungen gefährden den sozialen Frieden und erhöhen die Folgekosten, wenn Integrationsarbeit nicht von Beginn an unterstützt wird.“
„Es braucht am 13. November viele Menschen vor dem Landtag in Düsseldorf, die deutlich machen, dass ihnen die soziale Unterstützung Geflüchteter nicht egal ist“, erklärt Schwack zu einer von der Freien Wohlfahrtspflege geplanten Kundgebung. „Nichts tun ist die falsche Vorgehensweise. Die Kürzungen im sozialen Bereich des Landeshaushalts dürfen nicht stillschweigend hingenommen werden. Es ist Zeit, Flagge zu zeigen und die Politik zum Nachdenken zu bringen.“ Insgesamt werde derzeit in der Öffentlichkeit und auch durch die politischen Parteien der Eindruck erweckt, dass der Großteil geflüchteter Menschen völlig illegal hier sei, so Peter Schwack, was nicht der Wahrheit entspreche. In diesem Zusammenhang entstehe fast schon ein Überbietungswettkampf hinsichtlich möglicher restriktiver Maßnahmen. Positiv hingegen sei bei der Flüchtlingshilfe die Zusammenarbeit mit den örtlichen Kommunen.