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Nachricht:„Menschen müssen gar nicht immer glücklich sein. Das Schönste kommt ja erst noch."

„Was ich meine, wenn ich sage, ich glaube …“ So lautet unsere Interviewserie. Diesmal stellt sich Rudolf Kleyboldt (Rentner und aktuell ehrenamtlich in verschiedenen Bereichen der Caritas unterwegs;
Rudolf Kleyboldt
Datum:
1. März 2023
Von:
Caritasverband

Silke Uelsmann: "Guten Tag Herr Kleyboldt. Ich freue mich, dass Sie bereit sind, mit mir ein Interview zum Thema "Was ich meine, wenn ich sage, ich glaube …" zu führen. Da komme ich gleich zu meiner ersten Frage: warum hätten Sie Jesus gern persönlich kennengelernt?"
Rudolf Kleyboldt: "Ich hätte Jesus gern persönlich kennengelernt, um ihn zu fragen, wie er sich seine Kirche vorgestellt hat."

Silke Uelsmann: "Bleibt Ihnen an Jesus etwas rätselhaft?"
Rudolf Kleyboldt: "Ja, wie er sich selbst gesehen hat: als Reformator des jüdischen Glaubens, Gesandter Gottes, Messias… viele Zuschreibungen sind ja erst später durch die Evangelisten oder durch Konzilien erfolgt."

Silke Uelsmann: "Was bedeutet es für Sie, zu Jesus zu beten?"
Rudolf Kleyboldt: "Zu Jesus zu beten, ist wie ein Gespräch mit einem guten Freund."

Silke Uelsmann: "Was ist für Sie eine gute Predigt?"
Rudolf Kleyboldt: "Eine gute Predigt sollte nicht moralinsauer und weltfremd sein, sondern lebensnah und theologisch fundiert. Eine Prise Humor kann auch nicht schaden."

Silke Uelsmann: "Herr Kleyboldt, wie fühlen Sie sich in einer großen Kirche?"
Rudolf Kleyboldt: "In einer großen Kirche fühle ich mich zu Hause!"

Silke Uelsmann: "Gibt es etwas, das Ihnen in einem Gottesdienst am wichtigsten ist?"
Rudolf Kleyboldt: "Am wichtigsten in einem Gottesdienst ist mir eine verständliche Gebetssprache, gute Musik, eine geistliche und geistreiche Atmosphäre. Gottvoll und menschennah sollte ein Gottesdienst sein."

Silke Uelsmann: "Wie würden Sie Ihren Traum von GEMEINDE beschreiben?"
Rudolf Kleyboldt: "Ich träume von einer Gemeinde, in der Kollegialität und Geschwisterlichkeit keine Fremdwörter sind, sondern gelebte Praxis."

Silke Uelsmann: "Herr Kleyboldt, wie würden Sie den Satz "Richtig frei ist nur, wer ..." vervollständigen?"
Rudolf Kleyboldt: "Richtig frei ist nur, wer keine Angst hat, sondern Gottvertrauen."

Silke Uelsmann: "Was gehört für Sie zu einem sinnvollen Leben?"
Rudolf Kleyboldt: "Zu einem sinnvollen Leben gehören gelungene Beziehungen zu Menschen, Aufgaben, die Freude machen."

Silke Uelsmann: "Wenn Sie Gott einen Rat geben könnten, was würden Sie sagen?"
Rudolf Kleyboldt: "Wer bin ich denn, dass ich Gott einen Rat geben könnte?"

Silke Uelsmann: "Wenn Sie einen Wunsch bei Gott frei hätten, was würden Sie sich wünschen?"
Rudolf Kleyboldt: "Dann fände ich es schön, noch einige Jahre halbwegs gesund und munter leben zu dürfen."

Silke Uelsmann: "Denken Sie, dass Menschen, die glauben, glücklicher sind als andere?"
Rudolf Kleyboldt: "Menschen müssen gar nicht immer glücklich sein. Das Schönste kommt ja erst noch."

Silke Uelsmann: "Gibt es etwas, das Sie an Kirche abschreckend finden?"
Rudolf Kleyboldt: "Abschreckend an Kirche finde ich, dass sie sich zu sehr mit sich selbst beschäftigt und oftmals theologisch überhöht."

Silke Uelsmann: "Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie nachts zum Himmel schauen?"
Rudolf Kleyboldt: "Dann denke ich an den Psalmvers: "Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst", und staune über die Unendlichkeit des Alls."

Silke Uelsmann: "Wie würden Sie den Satz "Nach dem Tod" vollenden?"
Rudolf Kleyboldt: "Nach dem Tod wartet der Himmel auf uns."

Silke Uelsmann: "Was heißt es für Sie, Christ zu sein?"
Rudolf Kleyboldt: "Christ sein heißt für mich, mit Jesus in Kontakt zu bleiben, Gott zu vertrauen und zu versuchen, die Menschen zu lieben, was immer das konkret heißen mag."

Silke Uelsmann:
 "Gibt es für Sie ein wichtiges Ereignis in Ihrem Leben?"
Rudolf Kleyboldt: "Ein wichtiges Ereignis war für mich in meiner Jugend das 2. Vatikanische Konzil mit all den Veränderungen und Aufbrüchen, die es in der Folgezeit gab."

Silke Uelsmann: "Herr Kleyboldt, wie stehen Sie zu dem Satz "Ich begegne Gott eher in der Natur als in der Kirche"?"
Rudolf Kleyboldt: "Gott begegnet mir wohl nur wie ein Wetterleuchten, das für einen kurzen Moment aufblitzt und dann schnell wieder verschwindet. Das kann in der Natur sein, in anderen Menschen, in guter Gemeinschaft, im Gottesdienst, vor allem aber in Jesus von Nazareth. Letztlich ist Gott das große Geheimnis unseres Lebens, das wir nicht mit unseren beschränkten Möglichkeiten auflösen können."

Silke Uelsmann: "Sehen Sie einen Grund, warum Frauen keine Weiheämter in der Kirche übernehmen können?"
Rudolf Kleyboldt: "Der einzige Grund gegen die Weihe von Frauen wäre eine mögliche Spaltung der Kirche. Dem könnte man entgegenwirken, wenn man die Frage den einzelnen Ortskirchen überließe."

Silke Uelsmann: "Wie stehen Sie zu der Aussage "Für den Glauben meiner Kinder bin ich wie ein Maurer: Ich bereite das Fundament und die tragenden Wände vor, aber das Haus zu Ende bauen, müssen sie selber"?"
Rudolf Kleyboldt: "Wenn´s so einfach wäre! Ich kann versuchen, ein gutes Vorbild zu sein. Letztlich ist der Glaube aber wohl eher Geschenk, theologisch gesprochen Gnade."

Silke Uelsmann: "Und wie sieht es bei dem Satz "Mein Glaube bleibt, aber die enge Bindung zur Kirche verläuft in Wellen" aus?"
Rudolf Kleyboldt: "Bei mir ist es wohl eher umgekehrt. Ich kenne auch den Zweifel und eine gewisse Gottvergessenheit. Die Bindung an die Kirche ist aber trotz aller Kritik immer eng geblieben."

Silke Uelsmann: "Denken Sie, dass Glaube Erziehungssache ist?"
Rudolf Kleyboldt: "Es gibt wohl nur wenige Menschen, die sich aus eigenem Antrieb bewusst für den Glauben entscheiden. Wer in einem "religiös unmusikalischem Umfeld" aufwächst, tut sich da wohl schwerer. Deshalb sind "Biotope" wichtig, in denen Glaube wachsen kann. Das kann eine Gruppe in einer Pfarrgemeinde sein, ein bewegender Gottesdienst, Menschen, die etwas von der Botschaft Jesu verstanden haben und ausstrahlen."

Silke Uelsmann: "Trifft Ihrer Ansicht nach die Amtskirche die Wirklichkeit der Menschen?"
Rudolf Kleyboldt: "Ich mag die Trennung zwischen Amtskirche und Volk Gottes nicht, weil sie die Wirklichkeit von Kirche nicht trifft. Auf beiden Seiten gibt es weltfremde und engstirnige aber auch offene und reformfreudige Menschen."

Silke Uelsmann: "Was denken Sie über die Aussage "Jesus ist der einzige Weg zu Gott?"
Rudolf Kleyboldt: "Ich glaube, Papst Benedikt, hat einmal gesagt: Es gibt so viele Wege zu Gott, wie es Menschen gibt. Besser kann ich´s nicht sagen."

Silke Uelsmann: "Finden Sie es intolerant, wenn eine Religion glaubt, die Wahrheit gepachtet zu haben?"
Rudolf Kleyboldt: "Ist mir zu pauschal. Natürlich hat niemand die ganze Wahrheit für sich gepachtet, aber "Toleranz" kann auch in "Beliebigkeit" und "Ignoranz" umschlagen."

Silke Uelsmann: "Oft heißt es "Caritas ist Kirche!" Wie sehen Sie das?"
Rudolf Kleyboldt: "Das stimmt, sogar ein unverzichtbarer Stützpfeiler. Aber Kirche ist noch mehr als Caritas. Allerdings gibt es Nächstenliebe, also Caritas, auch außerhalb von Kirche."

Silke Uelsmann: "Herr Kleyboldt, meine letzte Frage an Sie: was meinen Sie, wenn Sie sagen, Sie glauben?"
Rudolf Kleyboldt: "Natürlich müssen die Inhalte des Glaubens auch der kritischen Vernunft standhalten. Letztlich ist es mit dem Glauben aber wie mit einem Gang auf dem Eis, wo ich mich zuerst vorsichtig vergewissere, ob das Eis auch trägt. Glaube und Gottvertrauen müssen sich also im konkreten Leben als tragfähig erweisen. Ein Versuch lohnt sich."