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Inhaltliche Delegiertenversammlung des Caritasverbandes Ahaus-Vreden: Thema Synodaler Weg:Mutige Antworten aus Deutschland – schräge Blicke aus Rom

Wie es aktuell in Deutschland (und der Welt) um den Synodalen Weg bestellt ist, berichtete Prof. Dr. Dorothea Sattler am Donnerstag (18. April) im Kreuzzentrum in Heek. In der öffentlichen, inhaltlichen Delegiertenversammlung des Caritasverbandes Ahaus-Vreden ging sie drei Fragen nach: Was geschieht? Was ist entschieden? Was ist offen?
Prof. Dr. Dorothea Sattler
Datum:
19. Apr. 2024
Von:
Christian Bödding
Der Caritasverband Ahaus-Vreden hatte zur öffentlichen, inhaltlichen Delegiertenversammlung in das Kreuzzentrum Heek geladen.

Gespannt auf die Antworten zeigte sich auch Caritas-Vorstand Peter Schwack, der die Referentin (Professorin für Dogmatik und Ökumenische Theologie an der Uni Münster und unter anderem zugewähltes Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken) vorstellte. Dorothea Sattler hatte schon 2022 als Vorsitzende des Synodalforums „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ auf Einladung des Caritasverbandes referiert und seinerzeit erklärt: „Der Synodale Weg kann nicht mehr scheitern.“

"Übergangsmodus"

2023 sei der Synodale Weg in Deutschland als beendet erklärt worden, berichtete Sattler. Derzeit gebe es einen „Übergangsmodus“ hin zu einem Synodalen Rat. In einer Weltsynode 2023/24 seien die Themen internationalisiert worden: Machtmissbrauch, Macht und Partizipation, Geschlechtliche Vielfalt, Rolle der Frau in der Kirche (explizit Diakonat), Zölibat. Diese Themen beträfen alle Länder. „Und in allen Ländern sind ähnliche Fragen gestellt worden.“ Gleichwohl sei man in Deutschland bei den Antworten „am Mutigsten und wird in Rom dafür mitunter schräg angesehen.“

In der Weltsynode in Rom seien zehn Studiengruppen gebildet worden, darunter „Hören auf den Schrei der Armen“. Ansonsten gehe es laut Dorothea Sattler viel um Ämter: „Bischöfe und gottgeweihtes Leben“, „Dienst des Bischofs“, „Rolle des Päpstlichen Gesandten“. Kritiker hatten geäußert, dass es mehr „um das Eigentliche“ gehen müsse: „Suche nach Frieden, nach Gerechtigkeit, nach Bewahrung der Schöpfung, nach Diakonie. Zudem seien kontroverse Fragen herausgenommen worden, berichtete Dorothea Sattler. „Es kommt in Rom immer darauf an, wer in welche Gruppe kommt und Einfluss nehmen kann und bestimmt.“

Perspektivwechsel

Zurück zum Synodalen Weg in Deutschland und dessen Beschlüsse. Als Beispiel nannte Dorothea Sattler die Änderung der Grundordnung des kirchlichen Dienstrechts. Dabei gehe es um einen Perspektivwechsel: das authentische Zeugnis der Person für das Evangelium sei vorrangig vor der gewählten Lebensform (gleichgeschlechtliche Partnerschaft, zweite Ehe) zu sehen. „Zwei Drittel der deutschen Bischöfe haben dafür votiert. Das hat in Rom schon Eindruck hinterlassen.“ Gleichwohl hätten nicht alle deutschen Bischöfe den Beschlüssen zugestimmt. „Ein Drittel ist zögerlich.“ Dennoch gelte: „Die Zeit der Sanktionierung Einzelner ist vorbei.“

Verschiedene Themen seien an die Weltkirche weitergegeben worden. Hier nannte Dorothea Sattler die Freistellung der Priester (und Bischöfe) von der Verpflichtung zur Ehelosigkeit sowie die Öffnung der Dienste und Ämter für Frauen (unterschieden nach Diakonat und weiteren Ämtern).  Dorothea Sattler: „Wir wollen nicht Ruhe geben. Wir bleiben dran.“ Geplant sei national ein Synodaler Rat, der von einem Synodalen Ausschuss bis 2026 vorbereitet werden soll. Vor Ort gelte es, authentisch miteinander zu sprechen und die Scheu vor Amtsträgern zu verlieren, erklärte die Professorin. Man müsse unterscheiden zwischen begründeter Autorität und allein amtlich verbürgter Macht. „Wir müssen den Anlass des Synodalen Wegs wachhalten: Nicht wegschauen, zuhören, ernst nehmen.“ Die Aufmerksamkeit müsse weiterhin Phänomenen sexualisierter Gewalt und geistlichen Missbrauchs gelten.

Optionen

Dorothea Sattler nannte verschiedene Optionen, wie sich die Kirche entwickeln könnte. Möglich sei die Mitgestaltung des weltweiten Synodalen Prozesses in der römisch-katholischen Kirche. Eine weitere Option sei, „eine andere Kirche“ schon jetzt exemplarisch zu leben. „Mit neuen Leitungsstrukturen, an eigenen Orten und mit eigener Finanzierung und in interreligiöser Offenheit“. Eine dritte Option sei der stille Rückzug, die Privatisierung des christlichen Lebens, mit individuell gestalteten Ritualen. „Dann gibt es zum Beispiel eine „Namensgebungsfeier für Kinder“ statt einer Taufe.“

Neue Formen

Nach dem Vortrag von Prof. Dr. Dorothea Sattler blieb Zeit für eine Diskussion. Caritas-Vorstand Peter Schwack äußerte, er habe manchmal das Gefühl, dass die Caritas in Deutschland mit ihrer Vielzahl von Angeboten von der Amtskirche nicht gesehen werde, sei es räumlich oder personell. „Ich stimme Ihnen zu“, antwortete Dorothea Sattler. „Ich habe den Eindruck, dass sich in vielen Köpfen in leitender Funktion die Teilhabe eher an der Eucharistie und an Gottesdiensten orientiert. Wir brauchen aber neue Formen. Kommunikativer. Niedrigschwelliger.“ 
Als negatives Beispiel nannte Dorothea Sattler ihre Teilnahme an einem Gottesdienst am 7. Oktober vergangenen Jahres in Telgte. „Kein Wort zum Angriff auf Israel. Das geht doch nicht. Ich muss doch auf solche tagesaktuellen Ereignisse Bezug nehmen. Kirche agiert doch nicht im luftleeren Raum in einem dunklen Bunker.“ Es sei Zeit für ein positives Beispiel: „Mit dem Diakonat der Frau könnte die Kirche ein Zeichen setzen.“