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Rita Simon erzählt, wie sie durch ihren Beruf bei der Caritas Erfüllung und Lebensqualität fand:So fühlt sich Ankommen an

Wenn Rita Simon morgens um halb sechs in ihr Auto steigt, liegen 41 Kilometer vor ihr. Von ihrem Wohnort Isselburg bis zum Caritas-Seniorenheim Henricus-Stift in Südlohn – jeden Tag hin und zurück. Für viele wäre das eine Belastung, für sie ist es Routine. Mehr noch: ein Stück Lebensqualität. „Ich nutze die Fahrt, um mich einzustimmen oder den Tag hinter mir zu lassen. Abends komme ich entspannt zu Hause an“, sagt sie.
Rita Simon arbeitet als Pflegehelferin im Henricus-Stift in Südlohn.
Datum:
20. Aug. 2025
Von:
Christian Bödding

Dabei war der Weg der 56-Jährigen in die Pflege alles andere als geradlinig. Ursprünglich ist sie Floristin. „Ich habe meinen Beruf geliebt – mit Blumen zu arbeiten, kreativ zu sein.“ Ein gesundheitlicher Rückschlag zwang sie, ihr Leben neu zu ordnen. Mit über 30 noch einmal die Schulbank drücken? Für Rita Simon war das kein Hindernis. „Ich habe über die Rentenversicherung eine Umschulung zur medizinischen Fachangestellten bekommen. Das war eine tolle Erfahrung. Ich sage immer: Es ist nie zu spät, etwas Neues anzufangen.“

Nach der Ausbildung arbeitete sie in Hausarztpraxen, in der Dermatologie, in der Neurologie und sogar in der Psychiatrie. „Ich habe viel gelernt, aber irgendwann nach Corona habe ich gemerkt: Das reicht mir nicht mehr. Die Arbeit war unglaublich anstrengend, wir wurden kaum wertgeschätzt. Keine Corona-Prämien, kein echtes Dankeschön – da habe ich gesagt: Ich brauche eine Veränderung.“
Die Entscheidung fiel auf die Altenpflege. Eine Wahl, die nicht aus der Not heraus entstand, sondern aus Überzeugung: über ihre Tätigkeit als Arzthelferin und ihren Kontakt zu älteren Personen. „Ich habe schnell gemerkt, dass mir die Arbeit mit älteren Menschen unglaublich viel gibt.“ Zunächst arbeitete sie zwei Jahre in der mobilen Altenpflege, dann folgte der Schritt ins Henricus-Stift der Caritas in Südlohn.

Warum gerade dort? „Eigentlich hatte ich mich auch in einem Haus in Isselburg beworben, das kannte ich sogar. Aber die Caritas war schneller. Ich wurde eingeladen – und bin geblieben. Manchmal entscheidet eben das richtige Timing.“ Heute arbeitet sie als Pflegehelferin im Wohnbereich 4, springt aber auch auf anderen Stationen ein. „Ich möchte das ganze Haus kennenlernen.“
Und dann ist da noch die Frage, die sich viele stellen: Warum nimmt jemand eine tägliche Strecke von insgesamt 82 Kilometern auf sich? Rita Simon zuckt mit den Schultern. „Das ist eine Sache der Perspektive. Ich bin auf Borkum aufgewachsen. Wenn wir damals zum Arzt mussten, hieß das: zweieinhalb Stunden Fähre bis nach Emden, dazu Wartezeiten und Taxifahrt. Da erscheinen 40 Kilometer auf der B67 fast kurz.“ Außerdem, fügt sie hinzu, sei ihr Auto ihr Rückzugsort: „Ich fahre sparsam, überhole nicht hektisch. Vorm LKW ist hinterm LKW – easy flow.“

Ihre Einstellung zur Pflege ist klar: „Man muss Menschen einfach mögen. Wer nur arbeitet, um Geld zu verdienen, wird hier nicht glücklich. Aber wenn man bereit ist, sich auf die Bewohner einzulassen, wenn man Freude daran hat, ihnen ein Lächeln zu entlocken – dann bekommt man unglaublich viel zurück.“ 

Und obwohl sie schon viele Stationen im Leben durchlaufen hat – Floristin, Mutter von fünf Kindern, medizinische Fachangestellte, Altenpflegerin – klingt in ihrer Stimme heute so etwas wie Ankunft. „Ich glaube, das hier wird meine letzte Arbeitsstelle. Ich habe eine weite Reise hinter mir, beruflich und privat. Aber jetzt habe ich das Gefühl: Hier bin ich richtig. Hier will ich bleiben.“ Gerade jungen Menschen möchte sie Mut machen, die Pflege auszuprobieren. „Manche wissen sofort, dass es ihr Beruf ist. Andere sind unsicher. Aber wie will man das wissen, ohne es erlebt zu haben? Ich rate jedem: Macht ein Praktikum, schnuppert rein. Und ja, es kostet Überwindung, gerade im Umgang mit älteren oder dementen Menschen. Aber diese Überwindung stärkt einen selbst – und kann Türen öffnen.“ Vielleicht ist es genau diese Haltung, die Rita Simon auszeichnet: Ihr Mut zum Neubeginn, ihre Gelassenheit im Alltag und ihr unerschütterlicher Glaube daran, dass Arbeit mehr sein kann als ein Broterwerb.