Schülerinnen und Schüler befragen Ahauser Lokalpolitiker:Von Nachhilfe bis Nachtbus

Auf dem Podium nahmen neun Kandidaten Platz: Hermann Josef Herickhoff (Wählergemeinschaft Soziales Ahaus, WSA), Hubert Kersting (UWG), Tom Take (Die Linke), Christopher Eing (Die Grünen), Mathis Stegemann (SPD), Reinhard Horst (Wählergemeinschaft Lebenswertes Ahaus, WLA), Alexander Kaiser (CDU), Saman Marbina (FDP) und Christoph Bromisch (Einzelbewerber). Dr. Nikolaus Schneider vom aktuellen forum Volkshochschule moderierte die Veranstaltung, die vom Caritasverband Ahaus-Vreden mitorganisiert wurde. Insgesamt stellten die Schüler zwölf Fragen. Jeweils drei Politiker antworteten darauf – 36 Stellungnahmen in knapp 90 Minuten.
"Rentnerstadt"
Die erste Frage betraf das Einzelhandelsangebot und Einkaufsmöglichkeiten. „Ahaus wird eher als Rentnerstadt wahrgenommen. Wie gedenken Sie, die Stadt für Jugendliche attraktiver zu machen?“ CDU-Mann Alexander Kaiser forderte mehr Unternehmen in der Innenstadt. Nur so ließen sich Kunden zurückholen. Die Innenstadt könne zudem für die ganz Kleinen mit Spielgeräten aufgewertet werden. Und: „Wir brauchen bessere Angebote, damit man hier auch mal Party machen kann.“ Tom Take von den Linken schlug vor, Jugendliche direkt einzubinden – etwa durch Gremien, die über die Gestaltung der Innenstadt mitentscheiden. FDP-Kandidat Saman Marbina betonte die Rolle der Wirtschaft: Für Gewerbetreibende müsse es sich lohnen, nach Ahaus zu kommen. „Die Stadt ist auf einem guten Weg“, meinte er, verbunden mit der Frage: „Was holen wir nach Ahaus, damit die Stadt weiter attraktiv bleibt?“
„Gibt es Pläne, Tickets für Schüler und Azubis günstiger anzubieten?“ SPD-Kandidat Mathis Stegemann sprach sich in seiner Antwort für eine Rückkehr der Nachtbusse und ein vergünstigtes Ahaus-Ticket aus. Reinhard Horst von der WLA verwies auf die Schwächen im ländlichen Raum: „Gerade in den Bauernschaften funktioniert der öffentliche Personennahverkehr kaum. Hier besteht Handlungsbedarf.“ Er schlug den Ausbau der Radwege für schnelle E-Bike-Verbindungen und zusätzlich Fahrdienste über Taxiunternehmen auf Abruf vor. Einzelbewerber Christoph Bromisch brachte es auf den Punkt: „Wir müssen den ÖPNV ausbauen, damit Jugendliche wie auch Ältere mobiler sein können.“
Auch das Sicherheitsgefühl der Jugendlichen und jungen Erwachsenen stand auf der Agenda. „Sollte der öffentliche Raum stärker durch Videokameras überwacht werden?“ Hermann Josef Herickhoff (WSA) sprach sich für den Einsatz dort aus, wo es nötig sei: „Das ist ein probates Mittel, um Bürgerinnen und Bürger zu schützen.“ Ganz anders Christopher Eing von den Grünen: „Ich möchte nicht beobachtet werden, wenn ich mich mit Freunden treffe. Kameras lösen keine Probleme, gute Sozialarbeit schon.“ UWG-Vertreter Hubert Kersting versuchte eine Mittellösung: „Eine flächendeckende Überwachung ist nicht angebracht.“ Aber in gewissen Schwerpunktbereichen müsse man darüber nachdenken. Kersting erläuterte, dass ein Abgleich zwischen objektivem und subjektivem Sicherheitsgefühl geboten sei.
Mehr Polizeipräsenz gefordert
Konkret wurde es, als eine Schülerin von Glasscherben, Messerklingen und Spritzen auf dem Spielplatz am Ahauser Schloss berichtete. Christoph Bromisch forderte, die Polizei solle verstärkt zu Fuß Präsenz zeigen: „Nicht nur am Schlosspark, auch am Marienplatz.“ Reinhard Horst (WLA) bezeichnete den Schlossgarten als „neuralgischen Platz“, der stärker überwacht werden müsse. Neben der Polizei solle auch der Bauhof dort regelmäßiger kontrollieren. CDU-Mann Kaiser wandte sich direkt ans Publikum: „Wenn Ihr etwas seht, sagt der Polizei Bescheid. Gemeinsam bekommen wir das hin.“
Auch schulische Themen wurden nicht ausgespart. „Sollte Nachhilfe für alle kostenlos sein?“ lautete eine der Fragen. Tom Take (Linke) plädierte für eine Mischung aus „Fördern und Fordern“. UWG-Politiker Kersting sprach sich dafür aus, im Ganztagsbetrieb verstärkt Unterstützungsmaßnahmen anzubieten. Christoph Bromisch befürwortete kostenlose Nachhilfe, stellte aber die Zuständigkeit infrage: „Liegt das beim Land oder bei der Kommune?“
Und wie wäre es mit einem späteren Schulbeginn? Mathis Stegemann (SPD) reagierte auf diese Frage persönlich: „Ich hätte damals auch gern länger geschlafen. Wenn Ihr das wollt, sollten wir alles dafür tun.“ Alexander Kaiser (CDU) nannte das eine gute Idee, verwies aber auf Schwierigkeiten: „In der Wirtschaft gibt es Gleitzeit, in Schulen ist das schwer umzusetzen. Wie passt das in den Alltag der Eltern?“ WSA-Kandidat Herickhoff bezeichnete die Frage als „schulinternes und verkehrstechnisches Problem, das nicht auf kommunaler Ebene entschieden werden kann“.
"Ahaus ist manchmal störrisch"
Die letzte Frage lautete: „Was tun Sie konkret, um die Integration von Menschen mit ausländischen Wurzeln zu verbessern?“ Hubert Kersting (UWG) betonte die Vielfalt der Aufgaben: von Wohnraum über Sprachunterricht und Kita-Plätze bis hin zum Zugang zum Arbeitsmarkt. Besonders eindrücklich schilderte FDP-Kandidat Saman Marbina seine eigene Geschichte. Mit 14 Jahren aus dem Irak nach Deutschland gekommen, habe er erleben müssen, wie schwer es damals war: „Wir waren weit entfernt von einer Willkommenskultur. Integration ist keine Einbahnstraße – man muss Chancen nutzen, aber sie auch bekommen.“
Mathis Stegemann (SPD) hob das Engagement der Ehrenamtlichen hervor: „Ohne sie würde es in Ahaus nicht funktionieren.“ Allerdings brauche es auch mehr bezahlbaren Wohnraum. „Ahaus ist manchmal störrisch – auch gegenüber Zugezogenen.“
Die gesamte Veranstaltung wurde live auf dem YouTube-Kanal von „Schluse TV“ gestreamt. Dort meldeten sich manche im Chat zu Wort – mit ernsthaften Fragen, aber auch mit Augenzwinkern. „Was ist mit der Frauenquote auf der Bühne?“ lautete eine ironische Spitze, weil dort nur Männer saßen. Oder: „Wann kommt die Dönerpreisbremse?“ Auch das eine Lehre des Tages: Politik liefert nicht nur Antworten – sondern braucht auch die richtigen Fragen.