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Nachricht:Vorstand des Caritasverbandes diskutiert mit SPD-Mandatsträgern

„Dreifach-Wumms“: Bürokratismus, fehlendes Personal und Kostenexplosion in allen Bereichen. Unser Vorstand diskutierte mit SPD-Mandatsträgern aus Bundes- und Landespolitik.
Peter Schwack (Caritas), Sarah Lahrkamp (SPD-MdB), Hans-Peter Merzbach (Caritas), Nadine Heselhaus (SPD-MdB), Nina Andrieshen (SPD-MdL) und Matthias Wittland (Caritas)
Datum:
10. März 2023
Von:
Caritasverband

Energiekostensteigerungen und deren Auswirkungen, der Einsatz von Honorarkräften in der Bildung, fehlendes Personal - die Palette an diskussionswürdigen Themen hätte sich noch um ein Vielfaches verlängern lassen. Der Vorstand des Caritasverbandes Ahaus-Vreden hatte über diese und andere Themen sowie deren Auswirkungen politische Mandatsträger informiert. Die hiesigen SPD-Bundestagsabgeordneten Sarah Lahrkamp und Nadine Heselhaus sowie die SPD-Landtagsabgeordnete Nina Andrieshen unterbreiteten daraufhin den Vorschlag zu einer gemeinsamen Diskussionsrunde. Ein Vorschlag, den der Caritasverband gerne aufnahm.

Hans-Peter Merzbach, Vorsitzender des Vorstandes des Caritasverbandes, sowie Peter Schwack (Vorstand Ressort Soziale Dienste) und Matthias Wittland (Vorstand Ressort Pflege und Gesundheit) stiegen mit dem Thema "Energie" in das Gespräch ein. Natürlich sei das Sparen von Strom und Gas auch in den rund 60 Diensten und Einrichtungen des Caritasverbandes Ahaus-Vreden seit Monaten ein Thema; sei es in der Verwaltung, im Ressort Soziale Dienste, im Ressort Pflege und Gesundheit, in der Grenzland-Wäscherei oder im Caritas Bildungswerk. "Allerdings sind die Möglichkeiten in Einrichtungen der Eingliederungshilfe oder Pflegeheimen begrenzt. Es geht zum Beispiel um vulnerable Personen, alte Menschen, die sich schneller erkälten, die mitunter auch gesundheitlich angeschlagen sind", machte Matthias Wittland deutlich.

Die Kostenexplosion auf dem Energiesektor hat den Caritasverband mit voller Wucht getroffen. Doch wer trägt nun diese Mehrkosten? "In dieser Dimension können die Kosten von uns Trägern nicht aufgefangen oder anders eingespart werden", erklärte Hans-Peter Merzbach. Er geht davon aus, dass etliche weitere Träger zunehmend von der Energiekrise und Beschaffungsproblemen betroffen sind, spätestens dann, wenn bestehende Verträge auslaufen und neu verhandelt werden müssen. "Der für die Pflege eingeführte Schutzschirm ist ein sehr wichtiger und notwendiger Schritt, allerdings fehlen Kostenzusicherungen, zum Beispiel in der Eingliederungshilfe oder für energetische Sanierungen von stationären Einrichtungen der Altenhilfe." Auch für die Beratungsinfrastruktur des Caritasverbandes gibt es außer dem allgemeinen Preisdeckel keine ausreichenden Lösungen. "Die Möglichkeiten des NRW Stärkungspaketes gegen Armut lassen noch viele Frage offen."

Peter Schwack erläuterte den Politikerinnen den Stand der Umsetzung des seit 2017 geltenden Bundesteil-habegesetzes. Dessen Stufe 3 trat im Jahr 2020 in Kraft, Stufe 4 folgt im Jahr 2024. Für die Eingliederungshilfe sei dringend mehr Klarheit in der Zuordnung und Finanzierung der Leistungen vonnöten, berichtete Schwack. Zudem gehe die Umstellung des Gesetzes mit einem extremen Bürokratismus einher. "Dieser sollte reduziert und die Zeit lieber den Menschen mit Behinderungen zur Verfügung gestellt werden." Ergänzend zu seinen Ausführungen wurde die Finanzierung der vom Land geförderten Stellen in der Flüchtlingsarbeit benannt. Es sei absurd, so Schwack, "dass man hohe fünfstellige Eigenmittel einbringen muss, wenn man ein Angebot der regionalen Flüchtlingsberatung vorhält, welches auch noch auf maximal zwei Jahre befristet ist. Zudem erhalten die Träger die Kostenbewilligungen teils Monate verspätet mit einer rückwirkenden Genehmigung."

Das Thema Kosten zog sich wie ein roter Faden durch das knapp zweistündige Gespräch. Matthias Wittland sprach an, dass die stationäre und die ambulante Pflege in der öffentlichen Berichterstattung in der Vergangenheit zumeist "nur" mit dem Fachkräftemangel auftauchte. "Es ist mittlerweile jedoch festzustellen, dass auch in weiteren Bereichen Kräfte fehlen, sei es in der Betreuung oder der hauswirtschaftlichen Unterstützung." Hinzugekommen sei nun auch ein weiterer "Mangel": Stark gestiegene Benzinpreise und die hohe Inflationsrate haben zu einer dramatischen Sachkostensteigerung geführt. Das sei mit den derzeitigen Vergütungen nicht refinanzierbar. Die Sozialdemokratinnen hielten fest: "Die Wohlfahrtsverbände leisten Unterstützung mit Hauptamt und Ehrenamt in allen sozialen Bereichen. Sie geben den Menschen das, was sie brauchen - ob sie akut in Not geraten oder kontinuierlich Hilfe brauchen. Wir müssen ein offenes Ohr für ihre Belange bieten und sie dabei unterstützen, für andere da zu sein. Wir transportieren ihre Anliegen in die Parlamente auf Landes- und Bundesebene und setzen uns dort für schnelle Lösungen ein."

Ein weiteres Problem brachte Caritas-Vorstand Hans-Peter Merzbach in die Diskussion ein: die Bearbeitung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). So kann scheinbar nur ein Teil der niedergelassenen Ärzte die eAU bereits digital versenden. Zwar verfügt laut einer Umfrage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung schon fast jede zweite Arztpraxis über das nötige Softwaremodul - doch kann auf Grund von Problemen mit dem System lediglich jede fünfte Praxis die Bescheinigungen für die Krankenkasse auch digital übermitteln. Das führt zu erheblichem Mehraufwand in der Personalabteilung des Caritasverbandes Ahaus-Vreden. Die Mitarbeitenden dort sind zuständig für insgesamt fast 1800 Kolleginnen und Kollegen.

Hans-Peter Merzbach berichtete den Sozialdemokratinnen abschließend von einem Urteil des Bundessozialgerichtes zum Einsatz von Honorarkräften an Schulen. Die Auswirkungen seien aus seiner Sicht so gravierend, dass zukünftig möglicherweise keine Honorarkräfte mehr an Schulen eingesetzt werden könnten. Hiervon sei in besonderer Weise auch die Caritas Bildungswerk Ahaus GmbH betroffen. Das Caritas Bildungswerk hat sich in den vergangenen Jahren im Münsterland und im nördlichen Ruhrgebiet stark in der Ausbildung von dringend benötigten Altenpflegerinnen und Altenpflegern engagiert und das Angebotsspektrum auf heute mehr als 1000 schulische Ausbildungsplätze ausgebaut. Dieser Kapazitätsausbau war nur mit einem erheblichen Einsatz von Honorarkräften möglich. Auf Grund des akuten Lehrermangels müssten doch alle Möglichkeiten genutzt werden, den gesellschaftlich dringend notwendigen Erhalt und Ausbau von Ausbildungskapazitäten in der Pflege zu forcieren und nicht einzuschränken, erklärte Hans-Peter Merzbach. "Sollten Honorarkräfte zukünftig nicht mehr in der Altenpflegeausbildung unterrichten dürfen, wäre der Abbau von dringend benötigten Ausbildungskapazitäten wohl unvermeidbar."